Photovoltaikanlagen auf Asbestdächern

News erstellt am 19.04.2010

Bedingungen für eine Ausnahme vom Asbest-Verwendungsverbot des Anhangs IV Nr. 1 gem. § 20 Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)

Die Errichtung einer Photovoltaikanlage auf einem Asbestzementdach als Unterbau ist grundsätzlich verboten, da es sich um eine „Verwendung“ eines asbesthaltigen Erzeugnisseshandelt, die in Anhang IV, Nr.1 „Asbest“, Abs.1, Nr. 3 GefStoffV untersagt wird.

Gemäß § 20 können auf schriftlichen Antrag im Einzelfall Ausnahmen von den Bestimmungen der GefStoffV erteilt werden. Voraussetzung ist, dass eine „unverhältnismäßige Härte“ vorliegt und „die Abweichung mit dem Schutz der Beschäftigten vereinbar ist“. Somit ist die Errichtung einer Photovoltaikanlage auf einem Asbestdach als genehmigter Ausnahmetatbestand nur in einem solchen Einzelfall möglich.

Der Ausnahmeantrag ist vom „Arbeitgeber“, d.h. von dem mit der Errichtung beauftragten Fachbetrieb, beim zuständigen Gewerbeaufsichtsamt einzureichen. (vgl. § 20 Abs.1 GefStoffV) Der Eigentümer des Daches, obwohl hier zuvorderst derjenige mit dem Hauptinteresse an einer Realisierung, ist formal nur mittelbar involviert.

siehe auch Artikel "Ungeliebte Ausnahme" in Photvoltaik 08/2010

Sachliche Voraussetzungen für das Vorliegen einer „unverhältnismäßigen Härte“ (gem. dem niedersächsischen Erlass):


Liegen die in der nachstehenden Aufzählung genannten Sachverhalte vor, ist das Vorliegen einer unverhältnismäßigen Härte (im Hinblick auf den Auftraggeber des Antragstellers, (also des Gebäudeeigentümers) als gegeben anzusehen:

  1. Es liegt eine Projektkalkulation mit Gewinnaussicht für den Eigentümer/Betreiber vor.
  2. Eine Prüfung auf alternative Standorte ist negativ verlaufen.
  3. Das Dach und das Gebäude sind in einem ausreichend guten Erhaltungszustand, um die Standzeitder Anlage (bis zu 30 Jahren) zu gewährleisten. (Nachweis hat durch Beibringung einer gutachtlichenStellungnahme – z.B. Bausachverständiger - zu erfolgen.)
  4. Das Gebäude befindet sich nach wie vor in einer Hauptnutzung. (Keine „Sanierungsruine“ als „Ständer“ für die Solaranlage)

Zu erfüllende Bedingungen zum Schutz der Beschäftigten und anderer Personen

Liegt im Sinne dieser Auslegung eine „unverhältnismäßige Härte“ vor und ist somit die erste
Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung gegeben, soll diese erteilt
werden, wenn folgende Bedingungen zum Schutz der Beschäftigten erfüllt werden.

  1. Sämtliche Arbeiten am Dach selbst (Befestigung der Unterkonstruktion, Bohren von Löchern) werden entsprechend den Vorschriften der TRGS 519 von einem Fachbetrieb durchgeführt, der die Sachkunde gem. Anhang III, Abschnitt 2.4.2, Nr. 3 GefStoffV vorweisen kann. (Zur Sachkunde bei Anwendung eines berufsgenossenschaftlich anerkannten Verfahrens mi geringer Exposition vgl. TRGS 519, Abs. 2.7, Nr. 3). Diese Sachkunde können Sie in einem zweitägigen Lehrgang des Umweltinstituts Offenbach (Erwerb der Sachkunde nach Anlage 4 der TRGS 519) erwerben.
  2. Die Arbeiten erfolgen mittels eines berufsgenossenschaftlich anerkannten Verfahrens mit geringer Exposition (vgl. TRGS 519, Nr. 2.7 und 2.10, Nr. 8) gem. BGI 664 (z.B. BT 5 „Lochen von Durchführungen in Verbindung mit Asbestzement-Wellplatten“, Stand 2/2000).
  3. Die Tätigkeiten sind der zuständigen Behörde entsprechend Anhang III, Abs. 2.4.2 Nrn. 1-2 GefStoffV mindestens 7 Tage vor Beginn mitzuteilen.
  4. Es sind durchtrittssichere Arbeitswege auf dem Dach zu erstellen.


Ein Muster eines Informationsbescheides mit einer Aufzählung der zum Nachweis beizubringenden Unterlagen ist dem niedersächsischen Erlass als Anlage 1 beigefügt.

In Hessen wurde im Juni 2007 einen Erlass an die Arbeitsschutzverwaltung geschickt , wie dies zuvor auch in Niedersachsen und weiteren Bundesländer erfolgt ist.
Diese Erlasse klären, dass es verboten ist, Photovoltaikanlagen und Thermosolaranlagen (zusammen als Solaranlagen bezeichnet) auf Asbestzement-Dächern (AZ-Dächer) zu montieren. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass es sich bei der Montage von Solaranlagen um Tätigkeiten  mit Asbestumgang handelt, die keine Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten darstellen. Folglich fallen diese Arbeiten unter das Verwendungsverbot nach Anhang IV Nr. 1 zur Gefahrstoffverordnung (GefStoffV).

Der § 20 GefStoffV eröffnet eine grundsätzliche Möglichkeit für Ausnahmegenehmigungen für eine Vielzahl von Regelungen der GefStoffV. Somit kann dieser § 20 grundsätzlich auch für das Verbot von Solaranlagen angewandt werden. Er steht jedoch nicht, wie gelegentlich missverstanden, in besonderem Zusammenhang mit Solaranlagen auf Asbest.

Ein Ausnahmeantrag hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn eine „unverhältnismäßige Härte“ (§ 20 GefStoffV), die das Verbot von Solaranlagen auf Asbest für den konkreten Einzelfall bedeuteten würde, nachweisbar aufgezeigt werden kann.

Das Argument, dass eine vorherige Asbestsanierung erhebliche zusätzliche Kosten verursachen würde, stellt keine unverhältnismäßige Härte dar, denn jede Asbestsanierung verursacht diese Kosten. Weiterhin ist wichtig für die Entscheidung, dass eine Solaranlage nur dann einen wirtschaftlichen Nutzen erbringen kann, wenn das Dach solange hält, dass sich die Investition einer Solaranlage amortisiert.

Besteht eine nachweisbare unverhältnismäßige Härte im konkreten Einzelfall, muss u. a. sichergestellt sein, dass die Unterkonstruktion für die veränderten Bedingungen durch Auflast oder Windlast geeignet ist. Hierzu ist die schriftliche Beurteilung der Lebensdauer sowie der Tragfähigkeit des Asbestzementdaches erforderlich, die von einem unabhängigen Sachverständigen mit entsprechender Qualifikation vorgenommen werden sollte.

Mit dem Antrag ist weiterhin eine vollständige Montageablaufplanung und die darauf aufbauende Gefährdungsbeurteilung vorzulegen. Darin sind alle Möglichkeiten zur Vermeidung des Freisetzens von Asbestfasern (insbesondere durch Anbohren) zu berücksichtigten. Dies kann z. B. durch das Austauschen einzelner AZ-Platten durch asbestfreies Material erfolgen.

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass zur Vermeidung der Durchbruchgefahr bei der Montage der Anlage Maßnahmen getroffen werden (z. B. durch Benutzen von instationären lastverteilenden Belägen und ggf. Absturzsicherungen ins Gebäudeinnere).

Schließlich müssen stationäre Laufstege und Absturzsicherungen zur späteren Wartung und Instandhaltung der Solaranlagen, falls erforderlich, montiert werden.

Wir verweissen auf unsere Veranstaltung: Lehrgang zum Erwerb der Sachkunde nach Anlage 4 der TRGS 519

Hier finden Sie weitere Informationen zu dem Thema. (PDF)

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