Qualifikation ist wichtiger denn je

News erstellt am 19.03.2019

In Ausgabe 01/2019 des ENTSORGA-Magazins dokumentiert Stefan Gessenich, Seminarleitung Bereich Abfallwirtschaft des Umweltinstituts Offenbach, beispielhaft, welche Bedeutung berufsbegleitende Weiterbildung im Bereich Umwelt- und Arbeitsschutz für die verschiedensten Unternehmen hat:

Als Entsorgungsfachbetrieb muss das Leitungs- und Aufsichtspersonal nach § 9 der Entsorgungsfachbetriebeverordnung (EfbV) einen viertägigen, staatlich anerkannten Fachkundekurs (Grundkurs) nachweisen. Die hierdurch erworbene Fachkunde ist alle zwei Jahre (monatsscharf) durch einen zweitägigen, staatlich anerkannten Fortbildungskurs zu aktualisieren. Diese Fachkunde ist ebenso nutzbar für das „Einsammeln, Transportieren, Handeln und Makeln“ von gefährlichen Abfällen im Sinne des § 54 Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) in Verbindung mit §5 der Anzeige- und Erlaubnisverordnung (AbfAEV). Die zweitägige Fortbildung ist hier allerdings erst alle drei Jahre erforderlich.

Sollte der Beispielentsorger eine Deponie betreiben, so wären für das Leitungsund Aufsichtspersonal zusätzlich nach § 4 Deponieverordnung (DepV) staatlich angerkannte viertägige Grundschulungen erforderlich (die genannte Schulung nach § 9 EfbV kann genutzt werden). Auch hierfür ist alle zwei Jahre eine eintägige, staatlich anerkannte Auffrischung der Fachkunde erforderlich. Diese Auffrischung ist in aller Regel nicht an die EfbV-Auffrischungen gekoppelt.

Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit trifft den Beispielentsorger die Regelung des § 2 Abfallbeauftragtenverordnung (AbfBeauftrV). Hierdurch ist ein Abfallbeauftragter zu bestellen, der einen viertägigen, staatlich anerkannten Grundkurs sowie alle zwei Jahre eine zweitägige anerkannte Fortbildungsschulung benötigt. Für Inhaber der Fachkunde im Sinne des § 9 EfbV gibt es zum Grundkurs eintägige Aufbauschulungen.

Je nach Tätigkeit und Größe des Betriebes ist nach den Regeln der fünften Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (5. BImSchV) ein Immissionsschutzbeauftragter erforderlich. Dies wär z.B. der Fall, bei mehr als 50 t gefährliche Abfälle, die zeitweilig gelagert werden (5. BImSchV, Anhang 1, Pkt. 44). Der Immissionsschutzbeauftragte ist durch eine viertägige staatlich anerkannte Veranstaltung zu schulen und muss alle zwei Jahre (monatsscharf) eine Aktualisierung besuchen, um die Fachkunde aufrecht zu erhalten. Bei noch größeren Anlagen (z.B. eine Abfallverbrennungsanlage) ist zusätzlich ein Störfallbeauftragter nach den gleichen Regeln (Grund- und Fortbildung) wie der Immissionsschutzbeauftragte erforderlich.

Nicht jeder gefährliche Abfall ist ein Gefahrgut und nicht aus jedem Gefahrgut wird ein gefährlicher Abfall. Die Schnittmenge ist jedoch sehr hoch, sodass in unserem Beispielbetrieb mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Gefahrgutbeauftragter bestellt werden muss.

Ein Seminar zum Gefahrgut-Grundkurs umfasst je nach Veranstalter drei bis vier Tage, um an einer anschließend verpflichtend abzulegenden externen Prüfung (IHK) teilnehmen zu können. Alle fünf Jahre ist von den Gefahrgutbeauftragten erneut (tagesscharf) eine Prüfung abzulegen. Für den Erhalt der Fachkunde ist keine Auffrischungsschulung vorgeschrieben; sie wird jedoch in der Praxis als Vorbereitung zur Prüfung angeboten und vielfach genutzt. Das Gefahrgutrecht fordert neben dem Gefahrgutbeauftragten die Schulung von Personen, die mit Gefahrgütern in ihrer täglichen Arbeit in Berührung kommen (Kapitel 1.3 ADR). Hieraus ergibt sich eine i.d.R. eintägige Schulungsverpflichtung von „beauftragten Personen“, die eine ganze Reihe von betrieblichen Mitarbeitern treffen kann. Eine Auffrischung dieser Schulung nach 1.3 ADR ist regelmäßig nach Veränderungen des Gefahrgutrechtes erforderlich.

Zu guter Letzt benötigen auch die Berufskraftfahrer von Gefahrgut einen ADR-Gefahrgutführerschein. Auch dieser ist mit einem dreitägigen Grundkurs mit IHKPrüfung sowie einem eineinhalbtägigen Auffrischungskurs mit IHK-Prüfung verbunden.

Für eine Sicherheitsfachkraft (SiFa) gibt es verschiedene Beteiligungsmodelle je nach Mitarbeiterzahl. Da die berufsbegleitende Ausbildung zur SiFa sich bis zu einem Jahr erstrecken kann, wird dieser Teil sowie die betriebsärztliche Betreuung gerne extern vergeben (lediglich große Unternehmen leisten sich einen eigenständigen SiFa).

Laut § 3 Arbeitsschutzgesetz (Arb- SchG) ist für eine geeignete Brandschutzorganisation zu sorgen. Die Industriebaurichtlinie/ Verkaufsstättenverordnung fordert von Unternehmen ab bestimmten Flächengrößen (Gesamtfläche > 2000 m2) die Bestellung eines Brandschutzbeauftragten. Diese Schulung dauert nach den Vorgaben der Berufsgenossenschaften (DGUV-Information 205-003) sieben Tage und ist alle drei Jahre mit einer zweitägigen Auffrischung verbunden. Hinzu kommen die Schulungen von je nach Betriebsgröße zu ermittelnden Brandschutzhelfern (eintägige Schulung).

Abgesehen von den bisher beschriebenen „Pflichtveranstaltungen“ ist noch eine ganze Reihe von Schulungen je nach Tätigkeit erforderlich. Wenn der Beispielentsorger mit Asbest (im Sinne der TRGS) umgeht, sind je nach Umfang zwei- bis fünftägige Grundschulungen (mit anschließender staatlicher Prüfung) sowie eine Auffrischung alle sechs Jahre erforderlich. Handelt es sich um Faserstäube (z.B. Dämmmaterial), sind vom Umfang gleichartige Schulungen im Sinne der Technischen Regel Gefahrstoffe (TRGS 521) abzulegen. Betreibt unser Beispielentsorger ein Schadstoffmobil bzw. eine Kleinannahmestelle für gefährliche Abfälle, muss zumindest eine Person nach der TRGS 520 ausgebildet sein.

Nicht nur beim Rückbau von atomrechtlichen Anlagen, sondern auch schon bei der Überprüfung von Metallschrott auf radioaktive Bestandteile (DGUV 209-029) können je nach Umfang zwei bis sechstägige Grundkurse sowie alle fünf Jahre eintägige Fortbildungen im Sinne der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) erforderlich sein. Sollte sich der Beispielentsorger mit Altholz beschäftigen, sind Sach- und Fachkunde im Sinne der §§ 5, 6 und 7 Altholzverordnung (AltholzV) erforderlich. Sollte der Beispielbetrieb aus Abfall ein Produkt oder Nebenprodukt herstellen (der eigentliche Sinn des Kreislaufwirtschaftsgesetzes), so ist er als ‚Inverkehrbringer‘ anzusehen mit der Folge, Sicherheitsdatenblätter anfertigen zu müssen. In der REACH-Verordnung und Bekanntmachung zu Gefahrstoffen 220 ‚Sicherheitsdatenblatt‘ (BekGS 220) wird eine Sachkundeschulung mit Grund- (zweitägig) und Fortbildungsschulung (eintägig) gefordert.

Nicht thematisiert wurden sämtliche Schulungen aus dem Qualitäts-, Umweltund Energiemanagement, die natürlich auch für einen mittelständischen Entsorger interessant sind.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der viel strapazierte Begriff des „lebenslangen Lernens“ zumindest im Umwelt- und Arbeitsschutz keine hohle Phrase ist. Ganz im Gegenteil hängen Erlaubnisse und Genehmigungen für viele Tätigkeiten von den jeweiligen Fachkundenachweisen ab.

Wer noch tiefer in die Materie einsteigen will als es diese hier vorliegende Zusammenfassung leisten kann, findet auf www.beauftragte.net hinreichend Hilfestellung. Als Anbieter von Schulungen, die die hier genannten Veranstaltungen abdecken können, wären u. a. das Haus der Technik, TÜV Süd, TÜV Rheinland, BEW, WEKA und das Umweltinstitut Offenbach zu nennen.

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Wenn Sie damit einverstanden sind, klicken Sie auf den Button Cookies annehmen. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.